Lackschäden

Dieser Artikel ist der Zeitschrift "OldtimerPraxis"  entnommen; 
der Autor ist mir bekannt, bittet aber von Anfragen abzusehen - daher ist die Urheberadresse unten entfernt.  

Behebung von Lackschäden mit Airbrush-Pistole

Ich habe vor längerer Zeit einmal ein Ver­fahren gesehen, bei dem kleine punktuelle Lackschäden mittels Airbrush behoben werden. Zuerst betrachtet man sich genau den Steinschlag und schaut, ob die Beschä­digung bis auf das blanke Blech oder nur bis zur Füller-/Grundierungsschicht reicht. Wenn die Beschädigung bis aufs blanke Blech reicht, und diesen Fall möchte ich be­schreiben weil er am aufwendigsten ist, so ist meist auch schon Rostanflug mit im Spiel. Dieser muss zuerst beseitigt werden. Ich verwende hierzu einen kleinen Dia-mant-Schleifstift auf einem elektrischen Mini-Schleifer (Dremel). Ebenso ist es wichtig, alle losen Farbschichten im Rand­bereich der Beschädigung zu entfernen. Meist wird dadurch der Steinschlag gering­fügig größer. Dies ist aber notwendig, weil nicht fest haftende Lackpartikel einen win­zigen Hohlraum bilden, in dem sich schnell Rost bildet.

Ist die Beschädigung nun gründlich mecha­nisch gesäubert, so kann man, wenn man nicht sicher ist, allen Rost gründlich besei­tigt zu haben, noch etwas chemisch gegen den Rost unternehmen. Soll heißen, die blanke Stelle mit etwas Rostumwandler wie Fertan oder Rostversiegelung zu behandeln. Bei Fertan muss man nun mindestens einen Tag warten, bis man weiter arbeiten kann (siehe Verarbeitungshinweise), bei anderen Produkten ist auch ein zügigeres Weiterar­beiten möglich. Ist nun der Rost beseitigt oder versiegelt, tupft man einen Tropfen ei­ner mit den folgenden Farbschichten ver­träglichen Grundierung auf die blanke Schadenstelle und lässt diese trocknen. An­schließend wird der Steinschlag mit einer winzigen   Menge    Nitro-Feinspachtel flächenglatt gefüllt. Keinen Polyester­spachtel nehmen, weil: Der Poly-Spachtel ist volumenkonstant, der Nitro-Feinspach­tel nicht. Das heißt, dass der Nitro-Spachtel beim Trocknen etwas einsinkt und genau diese Vertiefung braucht man, um den fol­genden Lack aufzubringen und am Ende ein flächenglattes Ergebnis zu erzielen. Beim Aufbringen des Nitro-Spachtels sollte man natürlich darauf achten, die Umgebung so wenig wie möglich zu „versauen", weil man sich dann Arbeit spart. Eventuelle Spachtelverschmutzungen um die eigentli­che Schadenstelle herum kann man mit ei­nem leicht mit Nitro-Verdünnung ange­feuchteten Lappen zügig abwischen. Dies aber nur bei Original-Einbrennlackierungen oder mindestens einem Jahr alten 2K-Lackierungen. Jetzt lässt man den Spachtel trocknen.

Nun braucht man zum ersten Mal etwas Ausrüstung aus dem Profi-Lackierbereich. '• Es handelt sich dabei um sogenannte Schleifblüten und einen Gummi-Schleif-i klotz für deren Verarbeitung. Schleifblüten sind kleine blütenförmige, selbstklebende Schleifpapiere der Körnung 2000. Hiermit überschleift man leicht die gespachtelte Schadenstelle. Dies lediglich um sicherzuge­hen, dass die Umgebung sauber ist und keine Spachtelränder überstehen. Nun sieht man schon, dass der Spachtel eingesunken ist, Eventuell scharfe Ränder der Schadensstelle schleift man ebenfalls etwas, damit man ei­nen „weichen Übergang" zu der Umgebung erzielt. Generell kann man sagen, dass die Schadensstelle vor dem Weiterarbeiten mit Lack so aussehen muss, dass alles „Anders­farbige" wie Grundierung, Spachtel etc. tie­fer liegen muss als die fertige Lackfläche. Andernfalls kommen diese Schichten am En­de wieder zum Vorschein. Also sehr sorgfäl­tig arbeiten.
Nun kommt zum ersten Mal der Airbrush zum Einsatz. Er wird mit dem passenden Lack gefüllt, in meinem Fall zuerst der Ba­sislack. Mit dem Airbrush kann man nach entsprechender Übung den Lack hauchdünn und sehr eng begrenzt auf die betreffende Stelle sprühen. Die Schichtdicke muss so be­messen sein, dass der Nitrospachtel gerade nicht mehr durchscheint. Auf keinen Fall zu dick. Anschließend wird der Klarlack aufge­tragen. Dieser muß eventuell in mehreren Ar­beitsschritten aufgetragen werden, und zwar so lange, bis die Reparaturstelle die Umge­bung überragt. Dies, weil die reparierte Stel­le nach ausreichender Trocknung „herunter­geschliffen" werden muss.
Bei Einschicht-Lacksystemen gestaltet sich die Angelegenheit weit weniger aufwendig, weil man dort keinen Basislack auftragen muss, sondern gleich mit dem endgültigen Lack arbeitet. Aber auch dieser muss so lan­ge in einzelnen Schichten aufgetragen wer­den, bis genügend „Fleisch" vorhanden ist, um die Reparaturstelle beizuschleifen. Spraydosenlack ist sehr dünnflüssig und sinkt sehr stark ein, deshalb benutze ich 2-K-Klarlack, der ein wesentlich besseres Füll­vermögen besitzt. Wird Uni-Lack verwendet, so hilft bei der Beschaffung des Lacks der Begriff „HS-Lack". Dies bedeutet „High So­lid" und dies wiederum, dass der Lack mit ei­nem hohen Pigmentanteil versehen ist, also sehr gut deckt und füllt.
Sind nun alle Lackschichten aufgetragen, so sollte man bei einer Temperatur von 20 Grad mindestens drei Tage warten bis man weiter­arbeitet, denn dann geht es ans Schleifen und Polieren. Unterhalb zehn Grad würde ich empfehlen, die Arbeit ganz sein zu lassen. Ist der Lack gut durchgetrocknet, wird die Scha­densstelle mit einer Schleifblüte und dem Schleifklotz nass flächenglatt geschliffen. Hier muss absolut vorsichtig und sauber ge­arbeitet werden, damit keine Staubpartikel zwischen Schleifpapier und Lackfläche Krat­zer in die Oberfläche einarbeiten. Es ist so lange zu Schleifen, bis die Schadenstelle flächenglatt ist. Möglichst nicht länger, um nicht unnötig viel Umgebungsmaterial „mitzunehmen". Beim abschließenden Po­lieren wird zwangsläufig auch die Umge­bung mit bearbeitet und gerade bei jüngeren Fahrzeugen ist, wie weiter unten noch er­wähnt, der Lack besonders dünn aufgetra­gen. Leichtes Anschleifen der Umgebung ist jedoch unvermeidbar und auch notwen­dig. Ist die Stelle durch Schleifen auf das Niveau der Umgebung gebracht, so begut­achtet man sie noch einmal. Sieht man jetzt in der Mitte eine glänzende Stelle, so ist dort noch eine Vertiefung, die nochmal mit Lack zu füllen ist. Man kann jetzt auch ei­nen feinen Pinsel nehmen, um noch eine winzige Menge Lack aufzubringen. Aber auch diese muss dann halt wieder gut trock­nen und anschließend wieder geschliffen werden. Auf keinen Fall darf man sich dazu verleiten lassen, für das Beischleifen grö­beres Schleifpapier zu nehmen, denn das schnellere Vorankommen rechtfertigt kei­nesfalls die anschließende Arbeit, die Rie­fen auszuschleifen oder die Gefahr, die Um­gebung bis auf den Basislack oder die Grundierung durchzuschleifen. Also grund­sätzlich nach dem Lackieren nur noch mit 2000er Schleifpapier arbeiten.

Ist man endlich zufrieden mit dem bisheri­gen Ergebnis, geht es ans Polieren. Die mat­te Stelle, die durch das Schleifen entstand ist nun auf Hochglanz zu bringen. Ich neh­me hierzu das Mittel „Finesse-lt" von 3M. Leider ist es nur in Einliter-Flaschen erhält­lich und sehr teuer (etwa 70 Mark). Dies ist eine Maschinenpolitur. Ich vermeide es je­doch, solche kleinen Stellen maschinell zu polieren, da mir die Gefahr von Beschädi­gungen zu groß ist. Von Hand funktioniert es auch, ist nur mühsamer und geht langsa­mer. Ist dafür wesentlich sicherer, vor allem für den mit Poliermaschinen weniger Ver­trauten. Man kann für das Polieren aber auch billigere und in kleineren Mengen er­hältliche Polierpasten nehmen, wie bei­spielsweise die in kleinen Tuben angebote­ne Schleifund Polierpaste von „presto", die für das Auspolieren von Sprühnebel und kleinen Kratzern angeboten wird. Wie bei der Anwendung jeder „scharfen" Politur ist jedoch ständig der Fortschritt der Arbeit zu kontrollieren und darauf zu achten, dass vor allem die Umgebung nicht durchpoliert wird. An dieser Stelle der Hinweis, dass ge­rade originale Werkslackierungen an neue­ren Fahrzeugen sehr, sehr dünn sind. Repa­raturlackierte oder handwerklich neu lackierte Fahrzeuge machen hier kaum Pro­bleme, da die Schichtdicken wesentlich höher sind als ab Werk. Zu allerletzt, wenn man mit dem Glanzgrad der Reparaturstel­le zufrieden ist, kann man noch ein x-belie­biges Schutzwachs auftragen.